Landtagsabgeordnete Marion Rosin besucht die Fürstin-Anna-Luisen-Schule in Bad Blankenburg

Veröffentlicht am 21.11.2016 in Bildung & Kultur

Die bildungspolitische Sprecherin der Thüringer SPD-Landtagsfraktion informiert sich vor Ort über die Arbeit und Sorgen der Bad Blankenburger Förderschule in Trägerschaft der Diakonie und positioniert sich zur umstrittenen Zukunft der Förderschulen. 

Die Fürstin Anna-Luisen-Schule hat erst vor wenigen Wochen ihr 25-jähriges Jubiläum gefeiert. Am Donnerstag, den 17.11., kam die Thüringer Bildungspolitikerin Marion Rosin für mehr als drei Stunden zum Schulbesuch: Zunächst stand ein ausführlicher Rundgang an durch alle Klassen der Grund-, Mittel-, Ober- und Werkstufen. Die aktuell 68 Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt werden in 8 Klassen mit jeweils zwei Pädagogen und bei Bedarf weiteren Integrationshelfern unterrichtet. Die zum Teil schwerstmehrfach behinderten Schüler haben in der Fürstin-Anna-Luisen-Schule hochqualifizierte Pädagogen und gut ausgestattete Räumlichkeiten, die ihnen eine optimale, individuelle Förderung ermöglichen. „Der in jahrelanger Aufbauarbeit gewonnene gute Ruf der Fürstin Anna-Luisen-Schule hat sein Fundament in der kompetenten und hingebungsvollen Arbeit der Pädagogen“, sagte Frau Rosin anerkennend.

Wie sieht die Zukunft dieser Förderschule und aller Förderschulen in Thüringen aus? Diese Frage haben Schulleiterin Antje Wennrich-Wydra, Lehrerin Susanne Jansen-Döring, Andreas Scherf, der stellvertretende Schulleiter, und Dr. Klaus Scholtissek, der Vorstand des Schulträgers, der Evangelischen Stiftung Christopherushof, an Frau Rosin gestellt.  Das Kultusministerium bereitet ein neues inklusives Schulgesetz vor, von dem nur erste, vage Rahmendaten bekannt sind. Die Grundidee des Gesetzesentwurfs ist, (möglichst) alle Schüler mit Behinderungen in den „Gemeinsamen Unterricht“ einzuschulen und die bisherigen Förderschulen in sogenannte „Kompetenzzentren“ umzuwandeln. „Für uns ist völlig unklar, was diese Kompetenzzentren sein sollen: Schulen ohne Schüler? Zusätzliche Praxen in Analogie zu logopädischen und ergotherapeutischen Praxen? Wie können solche Kompetenzzentren fachlich und qualitativ hochwertig und zugleich nachhaltig arbeiten?“ – diese Frage stellte Dr. Scholtissek. Und er bestand unter starker Zustimmung der anwesenden Lehrer darauf, dass nicht alle Schüler mit Förderbedarfen in den Gemeinsamen Unterricht können, ohne Schaden zu nehmen. Selbst wenn die Erwartung ausreichender fachlicher und sächlicher Ressourcen an Regelschulen erfüllt werde (was jedoch erheblichem Zweifel unterliege), bräuchten nicht wenige Kinder mit Förderbedarfen einen Schutzraum, den eine Regelschule nicht bieten könne. „Viele Eltern und Erzieher in den Kindergärten, die ihre Kinder sehr gut kennen, suchen eine Förderschule, in der sie ihr Kind am besten aufgehoben wissen“, betonte Lehrerin Susanne Jansen-Döring. Der Elternwille dürfe nicht in den Wind geschrieben und damit übergangen werden.
Frau Rosin sprach sich bei diesen Kernfragen für ein bildungspolitisches Vorgehen mit Augenmaß und nüchternem Realitätssinn aus, betonte die Notwendigkeit, die gewachsenen Kompetenzen der Träger rechtzeitig und umfassend in die Entwicklung eines neuen Schulgesetzes einzubinden und betonte, dass es keinen Kahlschlag bei den Förderschulen, gerade im Bereich der Schwerpunktschulen im Bereich geistiger Behinderung und starken Verhaltensauffälligkeiten, geben dürfe.
                  

Viel Aufmerksamkeit widmete Frau Rosin der Schülerin Jessica M., die  aufgrund ihrer schweren Behinderung körperlich stark eingeschränkt ist und nicht sprechen kann, dafür aber mit einem speziellen Computermonitor gelernt hat, mit ihren Augen den Bildschirm so zu steuern, dass sie ihre Botschaften senden kann. Klassenlehrerin Corinne Rößner, die mit großem pädagogischen Engagement und viel Herzblut seit mehr als 6 Jahren an Jessicas Seite steht, sagt: „Mit dem Ziel der größtmöglichen Lebensqualität , haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Kommunikationsmöglichkeiten für Jessica kontinuierlich zu verbessern und zu erweitern, sie in alle lebenspraktischen Bezüge sinnvoll einzubetten, so dass sie ihre Wünsche, Bedürfnisse, Gefühle zum Ausdruck bringen und ihr Leben selbst mitbestimmen kann.“

In der Diskussion sprach der stellv. Schulleiter, Herr Scherf, die eigene Wahrnehmung an, dass er die Fürstin-Anna-Luisen-Schule als Schule in freier Trägerschaft manchmal als benachteiligt sehe . So werde sie bei Schullaufbahnberatungen nicht empfohlen oder es werden falsche Aussagen über die Schule getroffen, die die Eltern verunsichern. Es entstehen Gerüchte, beispielsweise,  dass die Schule keine Schüler mehr aufnehmen könne oder, dass Fahrgeld oder Schulgeld zu entrichten seien.

 „Wir wünschen uns, dass wir als Staatlich anerkannte Ersatzschule in freier Trägerschaft mit all unseren Erfahrungen, Möglichkeiten und Angeboten, die in 25 Jahren des Schulbestehens gewachsen sind, als ein wertvoller Teil der Schullandschaft unseres Landkreises wahrgenommen und natürlich auch genutzt werden und somit auch weiterhin zu deren Vielfalt beitragen können.“, sagte  Antje Wennrich-Wydra.


Ein wichtiges Thema in der Diskussion war auch die Begutachtung der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarfen: Das neue Gesetz sehe vor, dass nur noch eine staatliche zentrale Institution die sonderpädagogischen Gutachten durchführen dürfe. Frau Rosin kündigte an, eine Anfrage im Landtag stellen zu wollen, ob diese staatliche Behörde dafür wirklich über ausreichend Fachpersonal verfüge, um sämtliche Erstgutachten und ggfs. auch die anschließenden Fortschreibungen erstellen zu können. Frau Jansen-Döring sieht in diesem Weg ein unbegründetes Misstrauen gegenüber der fachlichen Kompetenz der Pädagogen in den Förderschulen. Zudem bestehe die Gefahr, dass die staatliche Behörde ihrerseits bestimmte Interessen vertrete und durch bestimmte Vorgaben gesteuert werde.

Abschließend bot Frau Rosin an, im engen Austausch mit den Trägern von Förderschulen in freier Trägerschaft zu bleiben, um gemeinsam einen passgenauen Weg im Sinne der möglichst optimalen Förderung von Schülern und Schülerinnen zu ermöglichen. Sie ermunterte die Förderschulen in freier Trägerschaft ihre Sicht und Erfahrung in aller Klarheit in der Öffentlichkeit und gegenüber dem Gesetzgeber zu vertreten.                 

 

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