Bayrische Abgeordnete lernen Thüringer Schulmodell kennen

Veröffentlicht am 31.01.2017 in Bildung & Kultur

v.l.n.r.: Jacqueline Vatterodt, Marion Rosin, Martin Güll, Frau Eschrich, Kathi Petersen

SPD-Abgeordnete des Münchener Landtags informieren sich in Erfurt, wie die Gemeinschaftsschule funktioniert

 

Erfurt. Bayern hat das leistungsfähigste Schulsystem. Sagen die Bayern. Aber es hat auch Macken. Weil alle die Hauptschule vermeiden wollen, drängen die Schüler nach der 4. Klasse aufs Gymnasium oder wenigstens mit guten Noten zur Realschule. "Die Folge ist eine Art Grundschulabitur", sagt Martin Güll (SPD). Der Leistungsdruck an dieser zu früh sortierenden Bildungswegscheide stresse Kinder, Eltern und Lehrerschaft enorm.

 

Güll ist Vorsitzender des Bildungsausschusses im bayerischen Landtag. Zusammen mit seiner Fraktionskollegin Kathi Petersen war er in Erfurt zu Besuch, um die Gemeinschaftsschule aus der Nähe kennenzulernen. In fünf, sechs bayerischen Gemeinden, sagt der SPD-Politiker, seien die Eltern bereit, diese Schulart auszuprobieren. Nur die regierende CSU, die sei es noch nicht.

 
 

13 200 Schüler lernen länger gemeinsam

Marion Rosin, Bildungspolitikerin der SPD-Landtagsfraktion, resümierte fast sieben Jahre Gemeinschaftsschule in Thüringen. Es sei ein schwieriger Start gewesen, nicht zuletzt wegen der Blockadehaltung etlicher kommunaler Schulträger. Aber die Idee des gemeinsamen Lernens bis mindestens Klasse 8, die habe schließlich doch gezündet. Inzwischen gibt es in Thüringen 13 217 Schüler, die an 64 Gemeinschaftsschulen lernen. 44 dieser Schulen sind staatlich, 20 in freier Trägerschaft.

Zunächst erwiesen sich die Freien als die flexibleren, sagt Marion Rosin. Aber das ändere sich allmählich, die Staatlichen holten auf. Ziel von Rot-Rot-Grün müsse es sein, bis Ende der Wahlperiode 2019 mindestens 100 Gemeinschaftsschulen etabliert zu haben. Das Linke-geführte Bildungsministerium soll den Ausbau noch stärker fördern. Als erste Stadt habe sich Erfurt entschieden, einen Schulneubau für eine noch zu gründende Gemeinschafts­schule zu errichten.

Die meisten staatlichen entstanden bisher durch Umwandlung von Regelschulen, die mit Grundschulen und/oder Gymnasien kooperieren. Je nach individueller Fähigkeit sollen Haupt- und Realschulabschlüsse oder das Abitur möglich sein. Laut Ministerium haben zurzeit 15 weitere staatliche Schulen Interesse an einer entsprechenden Schulartänderung signalisiert. Zur Unterstützung der Vorhaben gibt es Regionalberater. Fünf weitere Interessenbekundungen kommen von freien Schulträgern.

Die im Gesetz festgelegten zehn Jahre Übergangszeit sollten verlängert werden, findet Bildungspolitikerin Rosin. Auch könne es nicht sein, dass an einer Gemeinschaftsschule Grund-, Regel- und Gymnasiallehrer im Team arbeiten, aber in unterschiedlichen Gehaltsgruppen. Hier müsse der Gesetzgeber Landtag an die Besoldungsregeln ran. "Oh", ahnt Martin Güll aus Bayern, "da bohren Sie aber ein ganz dickes Brett".

Volkhard Paczulla / 31.01.17
 
Ostthüringer Zeitung OTZ Geraer Zeitung vom 31.01.2017, Seite OCTH1
 

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